Gibt es etwas verbilligt oder sogar gratis, dann greifen Österreicherinnen und Österreicher schnell zu. Man erinnere sich beispielsweise an die Rabattaktionen diverser großer Möbelhäuser oder Schuhgeschäfte, die an den Tagen vor dem Beginn des zweiten harten Lockdowns im November noch Menschenmassen in ihre Shops zogen. Und das, obwohl die Geschäfte nur für einen vergleichsweise kurzen Zeitraum von drei Wochen nicht öffnen durften. Beliebt war auch der Gastrogutschein der Stadt Wien, der Wienerinnen und Wiener zur Unterstützung der Unternehmer in die Wirtshäuser lockte.

Ein solches Sonderangebot hat bei den Massentestungen hingegen nicht gewirkt. Denn eigentlich war bereits der erste Durchgang ein Schnäppchen. Österreichweit konnte man sich kostenlos auf das Coronavirus testen lassen – in Wien sogar über die Dauer von zehn Tagen. In Apotheken, Drogeriemärkten oder privaten Laboren zahlt man dafür zum Teil mehr als hundert Euro.

Österreichweit konnte man sich kostenlos auf das Coronavirus testen lassen.
Foto: APA/EXPA/JOHANN GRODER

Noch ein Bonus: Weil die Screenings der Bevölkerung mit Antigen-Schnelltests durchgeführt wurden, gab es den Test nicht nur gratis, sondern praktisch auch ohne langen Wartezeiten auf das Ergebnis. Gerade diese waren in der Vergangenheit zum Teil heftig kritisiert worden – auch von den Betroffenen.

Schwere Schlappe

Etwas mehr als zwei Millionen Menschen bei rund 8,9 Millionen Einwohnern haben sich bisher an den Gratistests beteiligt – weit unter den Erwartungen der Regierung, die mit rund 60 Prozent gerechnet hatte. Auch wenn die für die Durchführung zuständige Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) von einem Erfolg spricht, muss man sich darüber klar sein: Nicht einmal ein Viertel der Österreicher war bereit, 15 Minuten – denn so lange dauert es in etwa von der Abnahme des Rachenabstrichs bis zum Vorliegen des Testergebnisses – der eigenen Zeit aufzuwenden, um den persönlichen Status zu checken. Das ist kein Erfolg, das ist eine schwere Schlappe. Das Ziel, möglichst viele Menschen ausfindig zu machen, die das Virus in sich tragen, ohne es zu wissen, und andere dadurch anstecken, wurde klar verfehlt.

Verständlich wirken darum auf den ersten Blick auch die Überlegungen der Bundesregierung, für den zweiten Durchlauf durch ein Anreizsystem eine höhere Beteiligung zu erreichen – und so einen weiteren harten Lockdown zu verhindern. Den will niemand. Niemand möchte im neuen Jahr Familie und Freunde nicht sehen dürfen, niemand möchte ewig im Homeoffice bleiben.

Die Teilnahme an einem kostenlosen Test wäre ein kleiner Beitrag dazu gewesen. Aber den wollte vorerst nur jeder Fünfte leisten. Die im Frühjahr weit verbreitete Bereitschaft, den Kampf gegen das Coronavirus gemeinsam zu führen, ist in der Bevölkerung geschwunden.

Diesem Phänomen kann die Bundesregierung mit Geschenken und Belohnungen nur ungenügend entgegenwirken. Ein Gutschein ist viel vergänglicher als eine ordentliche Aufklärungsarbeit, Transparenz und umfassende Informationen. Die Menschen müssen begreifen, warum es sinnvoll ist, sich regelmäßig testen zu lassen – vor allem wenn man, wie beispielsweise zu Weihnachten, auch Menschen aus Risikogruppen treffen möchte.

Wenn dies für die nächste Runde der Massentests gelingt, dann kann man sich auch die Debatte um eine mögliche Impfpflicht ersparen. Denn dort wird ein Gutschein schon gar nichts bewirken. (Oona Kroisleitner, 14.12.2020)